Science Fiction Theater
Freitag, 19.09.2014 um 20:00
chrüz & quer
Ganz Grosses Kino: mit Live-Filmprojektion!
Bräuchte der Film «Pulp Fiction» heute nochmal einen Soundtrack, man könnte mit bestem Gewissen das Science Fiction Theater damit beauftragen. Die Band des grossartigen Saxophonisten Christoph Grab versteht es aufs Vergnüglichste, Spaghetti-Western, billige US-Krimis und Science-Fiction-Streifen auf die innere Leinwand zu projizieren. Sie bewerkstelligt das mit wildem Jazz, derbem Ska und noch derberem Surf-Rock, aber auch mit spannungsgeladener Dramatik und schimmerndem Futurismus. Ein kinematografisches Potpourri, ausgelassen und doch auf höchstem Niveau.
Raumschiff Enterprise, Orion, Barbarella oder Perry Rhodan? Für Freunde, Fans und Feinde der trashigen SF-Unterhaltung gibt es seit einigen Jahren einen Soundtrack der besonderen Art; den einen zur Bestätigung, den anderen zur Bekehrung, die «gute, alte Zeit», sie bringt zuweilen auch grossartig Neues hervor: eines davon ist das Zürcher «Science Fiction Theater»!
Die Intro zur
US-Fernsehserie Science Fiction Theatre wird den Zuschauern 1955 so exotisch und aufregend vorgekommen sein, wie dem heutigen Hörer die neue CD «Dolly Shot» der (fast!) gleichnamigen Band. Wunderliche, futuristische Apparate, eine Musik ebenso schmeichelnd wie bedrohlich. Bei den Pulp-Schweizern muss man allerdings gewahr sein, dass unversehens ein von (Johnny) Rotten verfolgter Chewbacca das futuristische 60er-Jahre-Idyll stört oder sich neben Lino Ventura in einer Citroën DS plötzlich Captain Kirk materialisiert.
Als «Dolly Shots» werden in der Filmsprache Sequenzen bezeichnet, die von einem «Dolly», einem mobilen Kamerawagen, herab gemacht werden. Auf genannter CD finden sich bewegte und bewegende Momentaufnahmen - die Titel «Dolly Shot A-D“ sind frei improvisierte Kabinettstückchen, die jedoch wie komponiert wirken. Die anderen Titel sind klarer konzeptioniert: «Titty Twister“ ist eine Hommage an Quentin Tarantino und die gleichnamige Bar im Film «From Dusk till Dawn», «Flucht ins Dunkel» wurde vom Filmmusikkomponisten Lalo Schifrin und Verfolgungsjagden der 70er-Jahre inspiriert. In «Halbwelt» wabert ein imaginäres Film-Noir-Krimigefühl zwischen schweren Jungs und leichten Mädchen durch die Kalotten, «Horny Mutant» ist ein tragisch-komisches Musik-Gebilde in der Tradition der Mutanten der Filmgeschichte, und «Sputnik» schliesslich erweist wunderbar-schlechten Science-Fiction-Filmen wie «Barbarella», «Flash Gordon» oder «Godzilla» die Ehre, jenen Gruselkabinetten billiger Effekte, in denen Kulissen ungeschminkt als Kulissen erschienen, das Falsche echt war und nicht die perfekte Illusion vorgaukelte. Die Musik des Science Fiction Theater bietet die Möglichkeit ein «wahres Leben im falschen» zu hören, den Geist schweifen zu lassen, wo heutzutage die perfekte Digitalinszenierung die Phantasie am Abheben hindert. Das Anstossen von Klischees im Hörerhirn ist zugleich die Zündung für einen Trip ins Unbekannte; wer mit dieser Band an Bord geht, tut das mit dem Enterprise-Leitmotiv: «To boldly go, where no one has been gone before». Oder wie Truman Bradley weiland zu Beginn jeder Folge von Science Fiction Theatre verkündete: «Let me show you something interesting.»
Inspiriert von Spaghetti-Western, Agententhriller, Krimiserien und Science Fiction, wird hier die ganze Welt der Filmmusik gefeiert. «Science Fiction Theater» hat das Spiel mit der Sprache der Filmmusik zur Basis ihres ganz eigenen Sounds gemacht. Das Resultat ist ein wilder Mix aus filmreifen Melodien, Improvisation, suggestiven Soundscapes und packenden Grooves. «Science Fiction Theater» ist ein farbiges Kollektiv bestehend aus einem Rockdrummer, einem Bassisten mit Heavy Metal-Roots, einem frickelnden Pop-Gitarristen, einem Analog-Synthie-Freak und einem kauzigen Jazzsaxophonisten. Die vielbeschäftigten Musiker kennt man heute u.a. aus Bands wie Caroline Chevin, P-27, Yves Theiler Trio, Los Dos, Ingrid Lukas, Prisma und dem Zurich Jazz Orchestra. «Science Fiction Theater» gelingt mit ihrer Musik der Spagat zwischen Kunst und Kitsch, alt und neu, süss und schräg.
Ein Genuss für Augen, Ohren und Phantasie.
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Original Fernsehserie 1955 (US)
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