4. Dübendorfer Jazztage "Germany" 2. bis 4. Oktober 2014 | Part one
Die Musik dieses Trios fällt definitiv aus dem Rahmen; denn während es fast allen MeisterInnen des Jazz wichtig ist, in den Kompositionen möglichst viel zu erzählen, hat sich das Trio Fossile 3 um den Bassisten Sebastian Gramss einer ganz anderen Idee verschrieben. Für die neue CD der Band,vertrieben vom saarländischen Gligg-Label, haben die Musiker knapp zwei Hände voller Miniaturen zusammen getragen. Kaum ein Titel dauert länger als drei Minuten, wie anno Schellack also. Insofern ist der Titel der CD Programm: mit "78 RPM" rotierten die ersten Schellack-Singles auf den Schallplattenspielern der frühen Geschichte. Und die Musiker dieser Epoche waren gehalten, nach maximal drei Minuten mit dem Titel fertig zu sein. Die Speicherkapazität der Tonträger-Matrizen war eben begrenzt.
Bei Fossile 3 geht es durchaus nicht um die Wiederbelebung des traditionellen Dreiminüters. Die enggestrickten Kompositionen im Design des Trios folgen denn auch nicht den alten Song-Strukturen: Thema, danach instrumentale Improvisation, Rückkehr zum Thema. So einfach geht es hier nicht zu. Die Miniaturen sind durchaus offen konzipiert - geben sich allerdings fast durchweg melodisch und setzen auf verschiedene Arten von Swing. Der belebende Witz und die freche Ironie dieser Sammlung schneller Ideen entwickeln sich aus der Eigenständigkeit einer ziemlich ungewohnten, beinahe neuen Art, mit den Kategorien von früher umzugehen. Insofern ist die Musik von Fossile3 ein
herausragendes Beispiel für die immer wieder angestrebte Verbindung von Tradition und Moderne.
Die Stars der 70er Jahre füllten gern ganze Plattenseiten mit ausufernden Improvisationen über extrem einfache Themen. Die heute handelsübliche CD dreht sich mit sehr viel mehr als "78 rounds per minute", speichert dafür aber maximal etwa 78 Minuten - von den zeitgenössischen Internet-Cloud-Speichermengen ganz zu schweigen. Auf diese alten Grenzen setzen diese drei Musiker: der aus Wilhelmshaven stammende Bassist Gramss ist Bass-Dozent in Köln und Osnabrück und wurde bekannt durch die Arbeit mit der Gruppe "Underkarl", aber auch als Theatermusiker für Johann Kresnik und Pina Bausch. Rudi Mahall stammt aus Nürnberg, spielt vorzugsweise Bass-Klarinette und hat ungezählte Bands speziell der Berliner Szene mit den Klängen dieses Instruments bereichert. Etienne Nillesen, ein innovativer junger Schlagzeuger, der auch an der Hochschule im niederländischen Arnheim unterrichtet, komplettiert das Trio, das die Strategie der modernen Miniaturen verfolgt.