Betrachtet man die Biographie von Carla Bley, kann man verstehen, dass sie einmal genug hatte von den Big Bands. Nicht, weil es ihr nicht Spass machen würde, oh nein, aber diese Arbeit! Passt es allen meine Musikern? Muss ich wieder für Ersatz sorgen? So betrachtet ist ein Quartett doch einfacher zu handhaben.
Warum heisst die Band eigentlich "Lost Chords", wurde Carla Bley gefragt. Ganz einfach, sagt sie: "Als ich an einem Stück für die Band geschrieben habe, habe ich es doch tatsächlich verloren. Ich konnte es einfach nicht finden. Nach zwei Wochen tauchte es wieder auf. Nun, der Titel ist wirklich passend...".
Mit Steve Swallow, Andy Sheppard und Billy Drummond findet sie exzellente Mitmusiker. Alle sind bestandene Jazzer und ihre Tour-Tagebücher lesen sich als "Who-is-who" der aktuellen Jazzszene.
Zart und einschmeichelnd bläst Andy Sheppard, einer der wichtigsten Saxophonisten Grossbritanniens, seine Saxophone, glättet die Ecken und Kanten des Bley'schen Piano-Spiels. Dazu der phänomenale Steve Swallow, der mit seinem Bass im perfekten Timing und erdigen Sound für durchlaufende Beats sorgt. Der Schlagzeuger Billy Drummond ist einer der begnadeten Drummer, welche hart und treibend die Trommeln schlagen oder zart die Felle streicheln kann. Ein einfühlsamer und flexibel agierender Spieler, welcher die komplexen Vorgaben seiner "Chefin" gekonnt parodiert.
Wie beiläufig verbindet die Pianistin Carla Bley in iheren Stücken Einfachheit und Komplexität. Gewagte Harmoniesprünge bettet sie in simple Songstrukturen. Carla liebt die Irritation. Und mit den schrägen Titeln ihrer Kompostionen verrät sie sich als Liebhaberin skurrilen Humors. Humor ist es auch, was "Lost Chords" zu einem entspannenden und doch anspruchsvollen Konzerterlebnis werden lässt.